FAQ - Häufig gestellte Fragen

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Was ist ein Hinweisgeber?

Hinweisgeber (auch Whistleblower genannt) sind Personen, die auf Missständen innerhalb von Organisationen, wie Unternehmen oder öffentlichen Stellen, aufmerksam machen. Dies kann durch eine interne Meldung in der betroffenen Organisation oder durch eine externe Meldung bei der dafür zuständigen Behörde geschehen. Manche Hinweisgeber geben die Informationen über diese Missstände auch an die Öffentlichkeit, z.B. über die Presse oder das Internet.

Bei den gemeldeten Missständen geht es häufig um Rechtsverstöße oder unethische Verhaltensweisen. Da Hinweisgeber mit der Meldung solcher Verstöße große persönliche Risiken eingehen, werden sie in vielen Ländern gesetzlich geschützt. In der EU existiert seit 2019 eine Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern vor Benachteiligungen aufgrund ihrer Meldung (sog. EU-Whistleblowing-Richtlinie). In Deutschland wird der Schutz von Hinweisgebern maßgeblich durch das Hinweisgeberschutzgesetz geregelt.

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Was ist die EU-Whistleblowing-Richtlinie?

Im Jahr 2019 trat die sog. Whistleblowing-Richtlinie der EU in Kraft. Bis dahin war der Schutz von Hinweisgebern in Europa sehr unterschiedlich geregelt. Mit der neuen Regelung soll ein europaweiter Schutz von Personen, die Verstöße gegen EU-Recht melden, erreicht werden. Wegen der großen Gefahren sollen die Rahmenbedingungen für Hinweisgeber in Organisationen und Unternehmen verbessert und vereinheitlicht werden. Schließlich bezweckt die Richtlinie die Förderung der Hinweisgeberkultur zum Wohl der gesamten Gesellschaft.

Die wichtigste Neuerung ist die verpflichtende Einrichtung von internen Hinweisgeberstellen in Unternehmen und öffentlichen Stellen.

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Was ist das Hinweisgeberschutzgesetz?

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz setzt die Vorgaben der EU-Whistleblowing-Richtlinie in deutsches Recht um. Kernpunkte des Gesetzes sind die Pflicht zur Einrichtung und zum Betreiben einer internen Hinweisgeberstelle und der Schutz von Hinweisgebern vor Benachteiligungen aufgrund ihrer Meldungen.

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Was ist eine Hinweisgeberstelle?

Eine Hinweisgeberstelle besteht aus mindestens einem Kommunikationskanal, den Beschäftigte nutzen können, wenn sie Verstöße melden wollen. Es gibt sowohl interne als auch externe Meldestellen.

Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt nicht, welche Kanäle konkret angeboten werden müssen. In Frage kommen u.a. sowohl Briefkästen, Telefonhotlines, E-Mail-Postfächer oder elektronische Hinweisgebersysteme. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass eine Meldung vertraulich erfolgen kann.

Hinweisgeberstellen können auch effizient von externen Dienstleistern betrieben werden. Nähere Informationen finden sie hier.

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Wer muss eine Hinweisgeberstelle betreiben?

Hier ist zunächst nach privaten und öffentlichen Organisationen zu unterscheiden.

Im Privatsektor sind die folgenden Unternehmen betroffen, sofern sie mindestens 50 Beschäftigte haben:

 
  • chevron_right Natürliche Personen, wie z.B. Kaufleute
  • chevron_right Personen des Privatrechts, wie GmbHs, AGs, eingetragene Vereine (e.V.), Stiftungen des bürgerlichen Rechts, Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und eingetragene Genossenschaften.
  • chevron_right Personengesellschaften, wie OHG, KG, GbR

Für private Betriebe mit 50 bis 249 Beschäftigten gilt eine Übergangsregelung. Diese Unternehmen haben noch bis zum 17. Dezember 2023 Zeit, eine interne Hinweisgeberstelle einzurichten. Aber Vorsicht!: Alle weiteren Bestimmungen des Hinweisgeberschutzgesetzes müssen ab Inkrafttreten beachtet werden (insb. Kündigungs- und Diskriminierungsschutz). Auch haben die Beschäftigten dieser Unternehmen schon vorher die Möglichkeit, Meldungen bei einer externen Hinweisgeberstelle abzugeben. Die Übergangsfrist gilt im Übrigen ausdrücklich nicht für öffentliche Beschäftigungsgeber.

Bestimmte Unternehmen des Privatsektors sind unabhängig von ihrer Beschäftigtenanzahl verpflichtet:

 

  • chevron_right Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 10 WpHG
  • chevron_right Datenbereitstellungsdienste im Sinne des § 2 Absatz 40 WpHG
  • chevron_right Börsenträger
  • chevron_right Kredit- und Wertpapierinstitute
  • chevron_right Kapitalverwaltungsgesellschaften
  • chevron_right Versicherungsunternehmen
  • chevron_right Sicherung- und Pensionsfonds

Im öffentlichen Sektor sind folgende juristische Personen des öffentlichen Rechts betroffen (Wichtig: unabhängig von der Beschäftigtenanzahl!):

 

  • chevron_right Staatliche Stellen des Bundes und der Länder
  • chevron_right Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie Gemeinden, Gemeindeverbände, sonstige Verbände und Kammern.
  • chevron_right Anstalten des öffentlichen Rechts, wie Rundfunkanstalten oder Sparkassen.
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Welche Verstöße können gemeldet werden?

Das Hinweisgeberschutzgesetz zählt in § 2 die meldefähigen Verstöße auf. Hierzu gehören u.a.

 

  • chevron_right Alle Straftaten, insb. Betrugs- und Korruptionsdelikte
  • chevron_right Bußgeldtatbestände zum Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit
  • chevron_right Bußgeldtatbestände, zum Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane

Meldefähig sind zusätzlich Verstöße gegen

 

  • chevron_right Umweltschutzbestimmungen
  • chevron_right Regelungen zur Lebensmittel- und Futtersicherheit
  • chevron_right Tierschutzbestimmungen
  • chevron_right Verbraucherschutzbestimmungen (u.a. bei Zahlungskonten, Finanzdienstleistungen und Preisangaben)
  • chevron_right Datenschutzbestimmungen
  • chevron_right Vorschriften zur Rechnungslegung
  • chevron_right Vergaberechtsregeln
  • chevron_right Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

In der eigenen Organisation können freiwillig weitere Verfehlungen festgelegt werden, die über den internen Hinweisgeberkanal gemeldet werden können. Hierzu zählen z.B. Verstöße gegen interne Unternehmensrichtlinien, ethische Verstöße oder Verhaltensverstöße, die nicht strafbar sind (z.B. Mobbing unterhalb der strafbaren Grenze).

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Muss die interne Hinweisgeberstelle zwingend durch die eigene Organisation betrieben werden?

Nein, dies ist nicht gesetzlich zwingend. Hinweisgeberstellen können auch von externen Dienstleistern betrieben werden. Ob die Meldestelle ausgelagert werden soll, ist abhängig von den Bedürfnissen Ihrer Organisation. Nähere Informationen finden sie hier.

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Wie werden Hinweisgeber geschützt?

Sofern ein Hinweisgeber eine Meldung ordnungsgemäß und rechtmäßig abgegeben hat, kommt die Person in den Genuss eines sehr umfangreichen Rechtsschutzes. So sind diese Personen vor Strafverfolgung aufgrund der Meldung geschützt. Auch eine zivilrechtliche Inanspruchnahme des Hinweisgebers, z.B. eine Klage des Arbeitgebers auf Schadensersatz, braucht der Hinweisgeber dann nicht mehr zur fürchten.

Die größte Wirkung in der Praxis erzielt jedoch der Schutz vor Benachteiligungen. Gegen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien sind verboten. Das gilt auch für die Androhung und den Versuch, Repressalien auszuüben. Damit ist bspw. eine Kündigung aufgrund der Meldung nicht möglich.

Um den Hinweisgeber beim Nachweis einer Benachteiligung zu unterstützten, gibt es zu seinen Gunsten eine Beweislastumkehr: Erleidet eine hinweisgebende Person nach einer Meldung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. In diesem Fall hat die benachteiligende Stelle (z.B. der Arbeitgeber) zu beweisen, dass die Benachteiligung nicht auf der Meldung beruhte.

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Was ist bei der Einrichtung der internen Meldestelle zu beachten?

Die Einrichtung einer internen Meldestelle, aber auch die Anpassung eines bereits existierenden Hinweisgebersystems erfordert Zeit und die entsprechenden Fachkenntnisse. Folgende Punkte sollten bei der Umsetzung u.a. beachtet werden:

 

1. Bestandsaufnahme

Zunächst sollte im Rahmen einer Bestandaufnahme genau geklärt werden, wo das Unternehmen bzw. die öffentliche Stelle beim Thema Hinweisgeberschutz steht.

Gibt es bereits ein System? Inwieweit erfüllt das System die Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes, insb. an die Vertraulichkeit der Meldung? Welche Mitarbeiter sollen für die Meldebearbeitung künftig zuständig sein? Verfügen diese Mitarbeiter über die gesetzlich geforderte Fachkunde? Welche Arbeitsprozesse, Mitarbeiterinformationen, Risikoanalysen etc. müssen angepasst bzw. geschaffen werden?

 

2. Verantwortlichkeiten für Hinweisgeberschutz (neu) festlegen

Welche Mitarbeiter sollen für die Meldebearbeitung künftig zuständig sein? Wie viel Arbeitszeit bzw. Mitarbeiterkapazität wird benötigt? Verfügen die Mitarbeiter über die gesetzlich geforderte Fachkunde?

 

3. Ggf. Auswahl Hinweisgeberschutzsystem

Welche Meldekanäle soll die Hinweisgeberstelle bieten? Sollen nur Beschäftigte melden dürfen oder auch Dritte, wie Dienstleister, Kunden etc.? Soll die Meldestelle in der Organisation angesiedelt sein oder ausgelagert werden?

 

4. Einbindung betroffener Funktionen/Einheiten

Bei der Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes sind eine ganze Reihe an Funktionen und Bereiche in der eigenen Organisation einzubinden. Dies betrifft insb. die Geschäftsführung, die Personalabteilung, den Betriebs- bzw. Personalrat, die IT-Abteilung, die Complianceabteilung sowie den Geldwäsche- und den Datenschutzbeauftragten.

 

5. Anpassung von Prozessen und Dokumenten

Im Zuge der Einführung bzw. Anpassung eines Hinweisgeberschutzsystems, sind eine Reihe an Abläufen und Dokumenten zu überprüfen. Dies betrifft insbesondere Arbeits- bzw. Dienstanweisungen, Mitarbeiterinformationen, Schulungen, Risikoanalysen, Meldevordrucke, Mitarbeitereinwilligungen, Dienstvereinbarungen etc.

Als Unterstützung hierzu bieten wir Ihnen eine Toolbox mit allen erforderlichen Mustern und Formularen für eine rechtssichere Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes. So sparen Sie eine Menge Zeit und sind gesetzlich auf der sicheren Seite!

 

6. Meldestellenmitarbeiter schulen (Fachkundenachweis!)

Eine Neuerung im Hinweisgeberrecht ist die Fachkundeanforderung.

Die mit dem Betrieb der Meldestelle betrauten Mitarbeiter müssen nach dem Hinweisgeberschutzgesetz über die notwendige Fachkunde verfügen. Dies betrifft auch externe Dienstleister, die Meldestellen für Unternehmen oder öffentliche Stellen betreiben.

Die Fachkunde umfasst die genaue Kenntnis aller Rechte und Pflichten nach dem Hinweisgeberschutzgesetz. Dies betrifft insbesondere das Meldeverfahren und die Aufgaben von Meldestellenmitarbeitern, aber auch genaue Kenntnis des Vertraulichkeitsgebots bei der Entgegennahme und Bearbeitung von Meldungen.

Den Nachweis der Fachkunde kann der Mitarbeiter am besten durch einen qualifizierten E-Learningkurs erbringen. Hierzu bietet sich unsere zertifizierte Fachkundeschulung an. Ihre Meldestellenmitarbeiter erhalten durch den Kurs alle relevanten Informationen für ihre Arbeit. Nach Bestehen des Abschlusstests kann die Fachkunde gegenüber Aufsichts- und Ermittlungsbehörden mit dem von uns ausgestellten Zertifikat rechtssicher nachgewiesen werden.